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Wieso "Jens in Trouble"? Nun ja - mein ungeliebtes Hobby sind eben... Schwierigkeiten! Meist auf Reisen. Was im Kindesalter anfing, als ich mich in weiblicher Begleitung im Wald verlief, wurde nicht besser in Irland auf dem Blechdach, in Namibia mit den Reifen unseres Mietautos, dem im Bus vergessenen Flugticket oder dem Versuch, ohne Reisepass in die USA zu kommen. Und da war ja noch die Sache an der ägyptischen Grenze... na gut, lassen wir das. Ich steck einfach öfters mal "in Trouble"!

2006/08/16

Gedankengebäde zwischen den Welten auf lockerem Sand gebaut

Heute hat mir mein Mitbewohner sein Lieblingslied vorgestellt: "Brothers in Arms" von Dire Straits.

Es bietet Soldaten - vor allem denen, die Krieg erlebt haben, - viele emotionale Ansatzpunkte (ist ja auch nicht verwunderlich bei einem Lied, das den Titel "Waffenbrüder" trägt). Wie etwa die zweite Strophe:

"Through these fields of destruction
Baptisms of fire
I've watched all your suffering
As the battles raged higher
And though they did hurt me so bad
In the fear and alarm
You did not desert me
My brothers in arms"

Für die derzeitige Situation hier in Nahost finde ich aber die darauf folgenden Zeilen passender, die ein guter Spiegel dafür sind, dass viele Menschen keine Hoffnungen auf einen dauerhaften Frieden haben:

"There's so many different worlds
So many different suns
And we have just one world
But we live in different ones"

Zeichen dieser verschiedenen Welten finde ich im Moment zuhauf. Vorgestern sprach mir ein 21-Jähriger, der nach Ende des Krieges zu seinen Eltern nach Kiryat Shmona zurückkehrte (hier ein sehr schöner Artikel aus der Jerusalem Post über die Rückkehrer), nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Möglichkeit ab, den seit der Existenz Israels bestehenden Konflikt mit den arabischen Nachbarstaaten zu verstehen. Als ich seine Frage, ob ich Jude sei, verneinte, reichte ihm das für dieses Urteil.

Ich gebe mir weiterhin Mühe, zu verstehen, sagte ich ihm, und dass es ungeheuer schwer sei, Israelis auch die libanesische Position zu vermitteln. Da nahm sein Interesse an unserer Unterhaltung auf einmal ganz schnell ab. "Die Menschen dort sehen nun mal nicht, dass die Hisbollah den Krieg angefangen hat, sie sehen nur die Zerstörung ihrer Dörfer durch israelische Bomben", habe ich es weiter versucht. Aber er schüttelte nur den Kopf. Ob er mich nicht verstand oder nicht verstehen wollte, ist jetzt eine andere Frage.

Dass ich versuche, beide Seiten zu verstehen, konnte ich ihm also leider nicht vermitteln. Ich finde übrigens, dass es gar nicht so besonders schwer ist, die Israelis zu verstehen.

Da gibt es im Norden, im Libanon, die Hisbollah, die, nachdem sie das israelische Militär mit der Entführung zweier Soldaten und mit Katjuscha-Raketen provoziert und so die Zerstörung libanesischer Infrastruktur mindestens fahrlässig, wenn nicht vorsätzlich, herbeigeführt hat, jetzt eine neue Charme-Offensive startet. Husch, husch, schnell die Waffen wieder verpacken, Tarnfleck in den Kleiderschrank, Arbeitsklamotten anziehen und alles wieder aufbauen. Internationale Hilfe? Pah, brauchen wir nicht. "Spiegel online"-Artikel dazu hier.

Die Hisbollah wird - was ja nicht mal mehr offenes Geheimnis, sondern schlichtweg eine Tatsache ist - von Syrien, dem im Uhrzeigersinn nächsten Nachbarstaat Israels, logistisch, finanziell, personell und in jeder anderen erdenklichen Weise unterstützt. Da überrascht es fast schon nicht besonders, dass Syrien sich recht offen gegenüber den diplomatischen und politischen Versuchen eines friedlichen Zusammenlebens verweigert. Pressestimmen zu Steinmeiers Absage seines Besuchs in Damaskus und Interpretationen dieser Entscheidung hier bei ZEIT online.

Geografisch gleich hinter Syrien, politisch aber wohl eher der Vorreiter, befindet sich der Iran. Dessen Staatspräsidenten Achmadinedschad hat der ehemalige israelische Premierminister und als Likud-Chef jetziger Oppositionsführer Benjamin Netanyahu in einer Knesset-Rede am Montag mit Adolf Hitler auf eine Stufe gestellt. Achmadinedschads Äußerungen (Beispiele erspare ich mir; es gibt ja genug.) und seine nuklearen Ambitionen machen den Israelis schlichtweg Angst. Bei den Palästinensern scheint er dagegen immer populärer zu werden. Dazu dieser bemerkenswerte Bericht der "Welt".

Über die Rolle Jordaniens und Ägyptens, den verbleibenden Nachbarländern Israels, weiß ich im Moment nicht so viel zu berichten. Sie gelten ja als gemäßigtere arabische Staaten. Mal sehen, was Herr Steinmeier in Jordanien erreicht. Die ägyptischen Vermittlungsversuche bezüglich Gaza sind ja offenbar recht wenig erfolgreich: Abseits der Weltöffentlichkeit (Das liegt allerdings auch an der israelischen Informationspolitik, die Journalisten kaum in den Gazastreifen lässt.) haben sich in diesem Sommer auch hier die Opferzahlen im dreistelligen Bereich eingefunden. Hier der Bericht von tagesschau.de.

Die Aussichten in den verschiedenen Welten, in denen der Westen, Israel und die Islamisten zu leben scheinen, kommentiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einer simplen Metapher. "Die Gedankengebäude", schreibt die FAZ, "die bald schon L&oumkl;sungen tragen sollen", sind auf "lockerem Sand" gebaut. (Zitiert im oben verlinkten ZEIT-Artikel.)