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Wieso "Jens in Trouble"? Nun ja - mein ungeliebtes Hobby sind eben... Schwierigkeiten! Meist auf Reisen. Was im Kindesalter anfing, als ich mich in weiblicher Begleitung im Wald verlief, wurde nicht besser in Irland auf dem Blechdach, in Namibia mit den Reifen unseres Mietautos, dem im Bus vergessenen Flugticket oder dem Versuch, ohne Reisepass in die USA zu kommen. Und da war ja noch die Sache an der ägyptischen Grenze... na gut, lassen wir das. Ich steck einfach öfters mal "in Trouble"!

2006/07/31

Videoclips

Den Freunden bewegter Bilder lege ich heute mal eine Auswahl von Videos ans Herzen, die tagesschau.de getroffen. Immer nur diese ewig vielen Buchstaben - das ist ja auch langweilig! Hier könnt ihr verschiedene Clips ansehen.

Dass tagesschau.de sich konsequent an seine "soll"-Formulierung hält, um zu verdeutlichen, dass die genaue Herkunft bei Material aus dem Internet unsicher und damit auch die Qualität ungewiss ist, ist ja aller Ehren wert. Aber zum zweiten Video kann ich ganz sicher zusagen, dass dieses wirklich jene so genannte Bilderbuchruine aus Haifa ist.

Außerdem zu empfehlen: ganz unten die beiden Friedensaufrufe.

Und natürlich die martialische... nennen wir sie... "Diashow mit Musik" (drittes Video von unten)! Warum tagesschau.de "Die, motherfucker, die" allerdings mit "Stirb Hisbollah" übersetzt, kann ich euch (und mir) auch nicht erklären.

2006/07/30

Live bei CNN...

...etwa 1000 Demonstranten stürmen UN-Hauptquartier in Beirut.

Und der Ministerpräsident will die gute Condy nicht in seinem Land haben.


Tztztz. Was soll man dazu denn noch sagen?

Mediale Verwirrung

In den E-Mails aus und Telefonaten mit Deutschland erfahre ich, dass es schwer ist, die Berichterstattung der Medien einzuschätzen. Viele fragen mich einfach, wie es mir geht und wie hier denn so wirklich ist. Meine eigenen Eindrücke schildere ich ja in meinen Postings. Ein vollkommenes Bild der Lage kann ich hier natürlich auch nicht haben. Ich schaue viel fern in diesen Tagen, hauptsächlich CNN und BBC. Gerne würde ich die vielen israelischen Radio- und TV-Sender verstehen können, um mal etwas Anderes zu sehen. Der tägliche Input ist hier sehr hoch und ich finde es schwer, in dieser Informationsflut den eigenen Standpunkt zu festigen und zu wahren. Grundsätzlich kann ich die israelischen Angriffe als einen Akt der Verteidigung absolut verstehen, frage mich dann aber auch, wie solche schrecklichen Fehler passieren können, die so viele Kinder und andere Unschuldige töten. Dann wieder der Armeesprecher mit seinen Argumenten, der libanesische Präsident live aus London, Fotos aus Qana im Libanon, dann wieder der Korrespondent aus Haifa oder Kirjat Schmona oder oder oder.

Gestern habe ich auf den Sendeplätzen 151 bis 153 auf Mickys Fernseher die Sender SAT1, 3sat und RTL gefunden und war nach den SAT1-Nachrichten geschockt über den meiner Meinung nach einseitigen Bericht. Manches war sogar - wenn ich das richtig sehe - einfach falsch.

Zum Medienthema kann ich allen nur den Blogeintrag von Lila empfehlen, die genau wie ich eine Art Medienverdruss feststellt.

In ihrem Posting bezieht sich Lila ja auch auf die Lenkung der öffentlichen Meinung durch die Armee- und Regierungssprecher. Wie das Governmental Press Office besonders die kleineren Sender zu beeinflussen versucht (auf Journalisten der schreibenden Zunft trifft das ganze m.E. nur weniger zu), lest ihr bei Spiegel online. Auch das entsprechende Gegenstück über die Medienbetreuung durch die Hisbollah findet ihr dort.

Wenn ich hier gerade mal dabei bin, Spiegel online zu verlinken, möchte ich noch einen Artikel über israelische Maßnahmen der psychologischen Kriegsführung anpreisen. Sehr interessant.

Apropos Artikel. Die Viersener müssten morgen ihr Popöchen mal in den Bereich Grefrath/Kempen bewegen, um da mal wieder die Kioske mit der dortigen lokalen Rheinischen-Post-Ausgabe leer zu kaufen.

2006/07/29

Nachgereicht

Hier noch schnell zwei Fotos. Auf dem ersten seht ihr mich neben der Aufschlag- stelle der Katjuscha, die den VW Passat zerstörte (siehe Posting vom 27. Juli).

Und kurz danach haben wir dann noch die israelische Version von Easy Rider auf der Autobahn getroffen. Den konnte ich doch niemandem vorenthalten.

Besser spät als nie...

Immer noch fallen Raketen auf Israel. Täglich meistens mehr als 100 Stück. Und immer noch treffen die meisten davon nur Felder, Straßen, Niemandsland. Viele der getroffenen Häuser stehen bereits leer. In der Region um Naharia sollen bereits 70% der Bevölkerung Richtung Süden, also außerhalb "Katjuschaland", geflohen sein.

Meinen Artikel zu diesem Thema, der gestern in der Rheinischen Post in Viersen erschienen ist, könnt ihr alle hier lesen.

Egal, wo sie landen - ihre beabsichtigte Wirkung verfehlen die von der Hisbollah gefeuerten Raketen nicht. Denn auch der psychologische Effekt, der die Menschen in ihrer Existenzangst zur Flucht nach Süden treibt, ist intendiert. Nicht zu vergessen daneben diejenigen Katjuschas, die physikalische Zerstörung bringen (oh Mann, das klingt ja technokratisch), die täglich Fabriken, Autos und Wohnhäuser treffen, Menschen verletzten. Die Bevölkerungsteile, die bleiben und nicht nach Süden fliehen, sind Bank- und Postangestellte, Beschäftigte in der Lebensmittelversorgung und einfach auch die, die sich die Flucht nicht leisten können. Erst nach und nach gesteht die Verwaltung den Regionen im Norden den Kriegszustand zu, der eine Entschädigung für Flüchtlinge und im Bunker Ausharrende und Zahlungen für den ausgefallenen Lohn vorsieht. Ich hörte von einer Familie, die den Bunker für ein paar Tage verließ und Abwechslung in einem Jerusalemer Hotel suchte. Denen wird die Entschädigung verweigert, weil sie ja nicht im Bunker, sondern im Hotel waren.

Am Donnerstag sprach ich in Maghar (auch Mrar), einem kleinen galiläischen Dorf muslimischer, christlicher und drusischer Araber, mit Walid, dem Bruder des 15-jährigen Mädchens, das diese Woche von Rakete getötet wurde. (Die Rakete war übrigens durchs Dach eingeschlagen, dabei nicht detoniert, im Haus dann - immer noch ohne Explosion - in den nächsten Raum gerutscht, wo sie dann das Mädchen traf und tötete.) Walid erzählte mir, dass er Wut verspüre. Auf Israel, das nicht auf seine Bürger achte, das die Araber (die sich selbst oft als Palästinenser mit israelischem Pass bezeichnen) systematisch benachteilige. Erst auf mein Drängen hin lenke er ein und zog seine Behauptung zurück, die israelische Armee habe absichtlich dafür gesorgt, dass dem Raketenangriff kein Alarm vorausging, weil die Rakete ja auf ein arabisches Dorf zuflog. (Die Alarme werden durch unbemannte Aufklärungsdrohnen automatisch ausgelöst.)

In einem Versammlungsraum in der Moschee saßen die Familienmitglieder beisammen und nahmen die Beileidsbekundungen der Gemeindemitglieder entgegen. Irgendwann traf dann auch eine drusische Abordnung ein. Nach dem üblichen Händeschütteln (jeder immer mit jedem, auch mit uns) platzierten sich die Drusen gegenüber der trauernden Familie. Irgendwer sagte was auf Arabisch, dann standen alle auf und sagten einen bestimmten Spruch und winkten mit der rechten Hand in etwa so, wie es die Queen immer macht. Später wurde mir erklärt, dass in den arabischen Dörfern die Religionsgemeinschaften einander nach dem Ableben eines besonders ehrenhaften Mitgliedes oder bei besonders tragischen Todesfällen wie hier diese Besuche abstatten, um gegenseitigen Respekt zu erweisen. Die Grußformel ist monotheistisch glaubensübergreifend, bei solchen Anlässen verzichten dann wohl auch die Christen auf die Betonung der Dreifaltigkeit und belassen es bei "Großer Gott".
Was mich auch beeindruckte, war die Aussage eines jungen Mannes namens Osama, der zuvor eine ganze Weile lang am Grab der Toten Suren aus dem Koran gesungen hatte. Er meinte, er fühle einerseits arabische Solidarität (mit dem Libanon, den Palästinensern) und andererseits eine gehörige Portion muslimische Wut im Bauch gegenüber der Hisbollah, die die 15-jährige Da'a getötet haben.

Auch in Nazareth einige Tage zuvor gab's eine seltsame Situation. Wie Maghar ist auch Nazareth eine arabische Stadt. Bei der Trauerfeier für die zwei kleinen Kinder (3 und 9 Jahre), die beim Spielen von einer Rakete getroffen wurden und starben, herrschte arabische Gastfreundschaft für alle: für die Journalisten, die mit Fotoapparaten, Kamerateams und Interviewwünschen gekommen waren, wie üblich für die Bekannten, Freunde und Verwandten, für den Bürgermeister und für den "Stargast", den Minister Eli Yishai (Wer wofür Minister ist, ist den Israelis momentan egal, die werden quasi als Allzweckwaffen eingesetzt. Außerdem hat das Kabinett hier 20 Minister, da weiß eh kaum jemand, wer wer ist und wofür.) Da sitzen also der Familienvater (er spricht im Interview mit Haaretz von "Bruder Nasrallah", der sich nur wehre), der Bürgermeister (Mitglied einer Partei, die regelmäßig Besuche in Damaskus abhält; er schon diplomatischer in der Jerusalem Post: "Krieg ist eben Krieg, man sollte nicht eine der beiden Seiten beschuldigen") und Minister Eli Yishai (by the way: Minister für Industrie, Handel und Arbeit) sitzt als orthodoxer Jude der Schas-Partei daneben und macht gute Miene zum bösen Spiel. Polizei und Leibwächter wirken nervös, scheinen sich mit Herrn Yishai in dieser Umgebung nicht wohlzufühlen. Als arabische Jugendliche auf der Straße die beiden Kinder in Sprechchören als Märtyrer feiern, verschwindet der Politiker ganz schnell von der Bildfläche. Diese kleinen Kinder als Märtyrer? Ich bin echt schwer verwirrt...

Seit zweieinhalb Wochen bombardieren die Jets der israelischen Luftwaffe militärische Ziele der Hisbollah im Libanon und militärisch genutzte Infrastruktur wie den Flughafen, Straßen, Brücken etc. Und seltsamerweise nimmt die Zahl der auf Nordisrael geschossenen Raketen kaum ab. Manche sprachen zwischenzeitlich schon von einer sich abzeichnenden Blamage der IDF. (Die kam dann ja mit der Bombardierung des UN-Postens, bei der vier UN-Beobachter ums Leben kamen.) Dann die Erkenntnis, dass man nur mit Luftangriffen der vollkommenen Zerstörung der Terrorstruktur wohl nicht beikommen würde. "Nadelstiche" wurden die gezielten einzelnen Operationen von Bodentruppen genannt. Mittlerweile sind ganze Bataillone im Libanon unterwegs, täglich fallen junge Soldaten, die begeistert (Ja, begeistert!) in den Krieg ziehen. Am Donnerstagabend wurden drei weitere Divisionen (15000 Soldaten) mobilisiert. Hätte man das denn nicht schon vorher erkennen können/müssen?

2006/07/27

An alle Viersener...

Morgen wird der kleine Jens aller Voraussicht nach mit einem klitzekleinen Artikelchen in der Rheinischen Post Viersen auftauchen... also schön brav die Kioske leer kaufen!!!

Von meinem Kurztrip in den Norden (eine Nacht im Kibbuz Nes Ammim), heutiger Tag in Ma'alot, Naharia und Mrar, bin ich wieder zurück. Details wohl morgen.

Küsschen an alle.

Heute per Zufall entdeckt: Ein in den letzten zwei Wochen von einer Katjuscha perforierter VW Passat. Die Stelle im Beton gleich daneben, wo die Rakete aufgetroffen war, ist leider nicht drauf. Das Loch ist maximal 20cm tief, Durchmesser 40cm. Dafür eben der Passat und eine Hauswand gelöchert.

2006/07/25

Einfach nur so

Heute hab ich Geld ausgegeben:

- drei Busfahrten für je 5,10 Schekel,

- zwei Museumsbesuche für 24 Schekel im Eretz-Israel-Museum bzw. 27 Schekel im Diaspora-Museum (Auf der Homepage des Eretz-Museums wird leider nicht die hervorragende derzeitige Ausstellung über die deutsche Templerbewegung (1868-1948) erwähnt.),

- deswegen das Buch zur Ausstellung für 100 Schekel,

- ein Shawarma (quasi ein israelischer Döner) für 20 Schekel,

- eine Taxifahrt von Tel Aviv nach Ramat Gan für 20 Schekel,

- ein Mal Haareschneiden für 50 Schekel.


- sich mit dieser Aufzählung um einen gescheiten Eintrag drücken:
U N B E Z A H L B A R.


1 Euro = 5,6 Schekel. Schittebön!

2006/07/22

Mehr erfahren

Als wir diese Woche im Norden waren, haben wir in der Nähe Naharias ein Kibbuz namens Nes Ammim besucht. Dort leben seit der Gründung zu Beginn der sechziger Jahre Freiwillige aus Holland, der Schweiz und Deutschland, um das Land Israel und seine Kultur, seine Religionen kennen zu lernen und auch die Sprache zu erlernen. Zweck der christlichen Siedlung ist die "aktive Versöhnungsarbeit zwischen Christen und Juden, Europäern und Israelis" (www.nesammim.de).

Doro aus Aachen kam 1990 erstmals her. Als Freiwillige wollte sie ein Jahr bleiben. Und blieb sechs Jahre. Seither kommt die Lehrerin in allen Schulferien zurück ins Kibbuz. Die aktuelle Bedrohung durch die Raketen der Hisbollah beschreibt sie im derzeit als Blog genutzten Gästebuch der Homepage www.nagid.de (auf "Blackboard" klicken).

Eine weitere sehr persönliche Darstellung des Kibbuzlebens findet ihr im Blog von Lila. Die Familienmutter (ihre Kinder heißen übrigens Primus, Secundus, Tertia und Quarta) hat eine besonders ausführliche so genannte "Blogroll", wo sie andere Weblogs verlinkt. Da kann man schon mal ein bisschen drin stöbern.

Kraft tanken, den Stress raushauen...

Statt Raketenalarm in Haifa gab’s gestern ein Sonnenbad am Mittelmeer für mich, was ja eigentlich auch viel schöner ist.

Micky und Inon zeigen mir ein nettes Fleckchen, das die Stadtstrände Tel Avivs problemlos in den Schatten stellt. Am Strand HaPalmachim (die Palmen) rücken die Hochhäuser den Strandbesuchern nicht auf die Pelle, sondern Natur pur sorgt mit breiten Dünen und Felsen für ein viel schöneres Badeerlebnis. Und 30 Kilometer nördlich liegt die Skyline der wuseligen Großstadt in Ansichtskartenposition ganz ruhig da.

Rettungsschwimmer gibt es an diesem Strandabschnitt nicht und damit auch kaum Familien mit ihren Kindern. Der Sprung ins Wasser ist hier gewissermaßen illegal. Junge Leute liegen im Sand, haben Gitarren und Wasserpfeifen mitgebracht. Und natürlich ihre Matkot. Was an deutschen Stränden ein mehr oder weniger beachtetes Strandspiel namens Beachball ist, gehört in Nahost zur Lebenseinstellung. „Nach einer harten Woche einfach zum Strand gehen und beim Matkot allen Stress raushauen“, erklärt mir Micky das Spiel mit dem lauten Klacken der Holzschlägern gegen den Squashball. Während die Einheimischen ordentlich abgehen, brauche ich noch ein wenig Übung, um mithalten zu können. Vor allem brauche ich noch mehr Sonne. Im Moment bin ich im Vergleich zu den anderen noch weiß wie ein Kreidefelsen.
Jedenfalls habe ich aber nicht so eine kindisch panische Angst vor Quallen wie die Israelis. Als Inon eine Qualle neben sich bemerkt (oder glaubt, bemerkt zu haben), rennt Micky wie von der Tarantel gestochen aus dem Wasser. Ihr Mädchen...!


Nach dem Matkotspielen lässt ein wunderschöner Sonnenuntergang den Wochenstress und die Sorgen dieser Tage für kurze Zeit vergessen... bis hinter uns zwei Apache-Hubschrauber aufsteigen und flach über dem Strand aufs Meer und nach Norden fliegen. Und das Fluggerät, das ich vom Sound her für einen Ultraleichtflieger gehalten hatte, entpuppt sich als unbemannte Aufklärungsdrohne, die ihre Runden über die Patriot-Flugabwehrstellungen in den Dünen dreht, die Micky mir partout zu fotografieren verbietet, weil es darauf empfindliche Strafen gäbe.

Irgendwie ist der Krieg im Norden dann eben doch präsent. Auch am Strand.

2006/07/21

Haifa unter erneutem Beschuss

Nachdem ich gestern einen ausgesprochen ruhigen Nachmittag (was Raketenalarme und Beschuss angeht jedenfalls) in Haifa erlebt habe, bin ich heute in Ramat-Gan geblieben.

Heute schlugen bereits mehrere Raketen in Haifa ein, bei einem wurde ein Post Office getroffen, CNN spricht von 19 Verletzten.

www.tagesschau.de berichtet ueber die so genannte Blogosphaere in Nahost, die israelische Journalisitin Lisa Goldman verfolgt diese Szene in ihrem Blog ebenso aufmerksam. Ist allerdings auf Englisch.

Und ich...? Ich fahre jetzt gleich mit Micky und Inon zum Strand. Und 80 oder 90 Kilometer weiter im Norden - na ja, ihr wisst's ja. Hab ich ja mal berichtet, was da so los ist.

Das ist wohl Israel.

2006/07/20

Breaking News...

...gibt's vom heutigen Tag keine.

Nachdem ich heute mal (schon) gegen halb elf wieder in der Unterkunft war, nutze ich die Gelegenheit, mal nichts zu schreiben (Appeasement-Politik heisst das doch, oder?). Hab mit meinem Mitbewohner Micky und seinem Kumpel Inon noch ein Eis gegessen und ein Goldstar getrunken.

Ich bin jetzt fertig mit der Welt und werde sehen, was der Tag morgen bringt.

An die Besorgten: Morgen werde ich wohl nicht in den Norden fahren. Jetzt muss ich nur schauen, dass ich in Tel Aviv nicht von einem Auto angefahren werde. Das waere dann naemlich eine Self-fulfilling-prophecy.

Vergesst Tel Aviv erst mal...

Eines will ich ganz deutlich vorwegnehmen: Die wirkliche Lage in Nordisrael entspricht nicht zu 100 Prozent der durch die Medienberichte entstehenden. Die Unterschiede in der Wahrnehmung der Situation beziehe ich auf drei Gruppen.

Die Zivilbevölkerung in Nordisrael wurde durch die Hisbollah ja gewissermaßen in ihre missliche gegenwärtige Lage gezwungen. Sie nehmen die Gesamtsituation der sie umgebenden Region durch Berichte aus TV und Radio wahr, wie übrigens alle anderen Gruppen auch. Signifikant ist aber die individuelle, persönliche Position, die durch Gespräche vor Ort entsteht, durch Anrufe bei den Bekannten aus den Nachbarorten und nicht zuletzt durch die gegenwärtige Bedrohung der Katjuscha-Raketen.

Die zweite Gruppe ist die der Medienvertreter. Sowohl langjährige Kenner der Region als auch Reporter, die nur vorübergehend da sind, hängen von den einheimischen Medienberichten ab. Diese sind insgesamt wohl besser unterrichtet als der einzelne Journalist und verschaffen einen Gesamteindruck durch Meinungsberichte und Kommentare sowie aktuelle Informationen aus verschiedenen Orten. Der besondere Aspekt hier ist natürlich der journalistische Anspruch, möglichst neutral und matter-of-fact zu berichten, wenn auch sich hier durchaus eine Menge blutrünstiger Sensationsreporter rumtreibt. Das führt zu einem alles in allem „professionalisierten“ Umgang mit der gefährlichen Lage. Nein, nein! Es ist nicht so, dass hier nicht professionell gearbeitet würde. Aber die Berichterstatter sehen sich - auch durch oben genannten Anspruch an sich selbst - nicht als Teil der Gefahrensituation an, so mein Eindruck. Als würden die Raketen auf sie als Neutrale Rücksicht nehmen, fühlen sie sich wie ein unverwundbarer Arzt, der unbeteiligter Dritter ist. Der Unterschied zur ersten Gruppe: die freiwillige Entscheidung, in den beschossenen Gebieten zu sein, und damit die Inkaufnahme und Kalkulation der Gefahr.

Die dritte Gruppe ist die Weltbevölkerung, die an den Fernsehschirmen und in Zeitungsartikeln den Nahen Osten mitverfolgt. Ein Zeitungsartikel im Lokalblatt wird oft genug auch nur aufgrund einer Agenturmeldung sein. Und die kann ja nur negativ im Sinne von „Es ist das und das passiert, soundsoviele sind verletzt!“ sein. Eine Liveberichterstattung vom TV-Team vor Ort, die zum Beispiel sagt „Im Moment ist es ruhig in Haifa“, meint damit auch nichts Anderes. Hier schwingt bei der Aussage des Reporters die Erwartungshaltung des Konsumenten mit. Der Fernsehzuschauer erwartet ja, dass etwas passiert. Meistens passiert aber nichts.

Das sind meine wesentlichen Erkenntnisse des gestrigen Tages, die durch einige sehr spezielle persönliche Erfahrungen entstanden sind.

Eine wirkliche paradoxe Touri-Fahrt im Luxusreisebus durch Haifa mit Journalisten aus aller Welt zu Sehenswürdigkeiten (dazu zählen in diesen Tagen auch zerstörte Häuser und das Krankenhaus). Geführt vom Bürgermeister der Stadt.

Der Besuch des Rambam-Krankenhauses in Haifa, wo ein bei einem Gefecht verwundeter Soldat eingeliefert wurde. Keine fünf Meter vor meiner Nase.

Meine ersten Raketenalarme, die ich nicht im sicher anmutenden Medienvertreterhotel (Stichwort „professionalisierter Umgang“) erlebe, sondern im prall gefüllten Krankenhaus.

Am späten Nachmittag mein erster Raketenalarm, den ich nicht im Gebäude erlebe, sondern im Auto. Vollgas, um die Ecke, Hinterhof, raus aus dem Auto, wo ist Norden?, an die Hauswand, weg vom Fenster!

Aber auch Menschen in der Nähe von Naharia, nur 15 Kilometer südlich der libanesischen Grenze. Ein fast 80-jähriger Jekkes, der auf seiner Veranda sitzt und bei Alarm nach oben auf die Überdachung deutet, lacht und sagt: „Was soll schon passieren, wir sind ja in Sicherheit.“
Oder die Familien, die den Abend in gemütlichem Stuhlkreis vor dem Bunker verbringen. Das Akkordeon wird gespielt, dazu gesungen. Die Kinder turnen umher. Die Außenwirkung: eher Gartenparty als Katjuscha-Beschuss.
In Naharia selbst: Autoverkehr, besuchte Cafés (nein, gefüllt nicht, aber immerhin), keine Spur von dauerndem Beschuss oder ähnlichem, sogar deutlich mehr Straßenverkehr als noch in Haifa.

„Wir haben Einladungen von Freunden und Bekannten aus aller Welt bekommen. Aber was sollen wir denn machen? Das Haus wollen wir doch nicht zurücklassen. Und mit den Kindern weggehen. Irgendwie muss es doch weitergehen“, erzählt mir dort eine junge Mutter.

Die Menschen leben hier ihr Leben unter anderen Umständen als zuvor weiter. Aber es geht weiter. Wenn auch ganz anders als in Tel Aviv. Vergesst erst mal Tel Aviv.

2006/07/19

Sorry,

dass der Bericht von gestern so spät kommt, habe ihn heute Morgen geschrieben.

Fotos zur Auflockerung reiche ich freilich nach, kann die hier im Hotel über W-LAN - warum auch immer - nicht hochladen.

Warten auf etwas Gutes

In mancherlei Hinsicht ist das Reporterdasein vor Ort makaber. Schon am Morgen waren wir gestern nach Haifa in den Norden gefahren. In die Stadt also, in der zuvor die erfolgreichste gegen Israel gestartete Rakete der letzten Jahre acht Bahnarbeiter getötet hatte. „Das hat nicht mal Saddam Hussein 1991 geschafft“, erklärt mir mein Praktikumschef Norbert Jessen.

Als wir am Vormittag die drittgrößte Stadt des Landes erreichen, fahren wir zunächst eine Runde durch die Stadt, um ein wenig die Stimmung aufgreifen zu können. Viel ist nicht los. „Hier schieben sich normalerweise die Autos hupend und Stoßstange an Stoßstange vorwärts“, kommentiert mein Begleiter den leeren Hauptzubringer. Die Schar der Berichterstatter finden wir dann in und um das Dan Panorama Hotel. Eine große Auswahl an Hotels haben sie auch nicht. Das Dan ist im normalen Betrieb verblieben. Einkaufsmall - geschlossen. McDonalds - geschlossen. Alles in allem sehe ich an dem Tag nur ein Hotel, einen Kiosk und ein Café, die geöffnet haben.

Für 15 US-Dollar kaufen sich die Journalisten für 24 Stunden in das W-LAN des Hotels ein und sitzen in der zu kalt gekühlten Lobby in schweren Sesseln bei Cappuccino, Kuchen und Kanal 10, der wie immer live berichtet. Das Hotel liegt auf dem Berg Karmel (namensgebend für den Karmeliterorden), der sich knapp 500 Meter über den Meeresspiegel erhebt und das Bild der Hafenstadt prägt. An den vielen Aussichtspunkten der parallel zum Hang verlaufenden Straßen haben sich die TV-Wagen eingerichtet. Überall rattern die Generatoren und liefern Strom für Aircondition, Kühlschrank und Übertragungstechnik. Selbst in der hellen mediterranen Sonne bauen die Techniker Lampenständer auf und halten Alu beschichtete Reflektoren für optimales Licht bereit.

Die gute Infrastruktur des Hotels macht die sonst vorhandenen Nachteile der „Frontberichterstattung“ wett. Beständige Internetverbindung und Stromanschlüsse sind von vitalem Interesse für den schreibenden Journalisten. Ohne Strom neige man dazu, trotz Ersatzakkus weniger zu telefonieren als vielleicht notwendig, weiß der seit 20 Jahren aus Israel berichtende Korrespondent. Auch eine Laptopbatterie hält ja nicht ewig. Das Internet nutzt Jessen hauptsächlich für den Radio-Livestream. Den hat er stets mit mindestens einem Knopf im Ohr präsent, selbst beim Artikelschreiben. Der Vormittag und die Mittagszeit entpuppen sich als ruhig. Liefern muss der Korrespondent natürlich trotzdem. Nach Absprache mit den Auftraggebern schreibt Jessen unter anderem ein Porträt des Hisbollah-Führers Nasrallah und interviewt einen ehemaligen Militärgouverneur des Südlibanons. Über den ganzen Tag ist nur Zeit für einen halb ausgetrunkenen Kaffee, ein paar Schlücke Wasser und ein hastig bestelltes und bei der Arbeit verspeistes Stück Torte. Küche, Bar, Zimmerservice - der Hotelbetrieb läuft normal weiter und das -personal in dunklem Anzug mit Krawatte. Eine deutliche Unterscheidung von den Reportern in ihren Trekkinghosen und Outdoorhemden.

Über vier oder fünf Stunden arbeitet Norbert Jessen nonstop hochkonzentriert vor dem Computer. Auch der erste Raketenalarm um 16:40 Uhr Ortszeit, der mit lang gezogenem Geheul zum Gang in die Schutzräume auffordert, unterbricht die Arbeit nicht. Schließlich naht der Redaktionsschluss. Während er in der Lobby bleibt, folge ich von der Terrasse aus - schnell werfe ich noch einen naiven Blick nach Norden, vielleicht sehe ich die Rakete ja auf mich zukommen? - der Ausschilderung „To the Shelters“. Die führt mich durch die hölzerne Schwingtür erst in den Küchenzugang, wo ich beinahe einen beladenen Kellner umstoße, der die weniger nervösen, weiter auf der Terrasse verbleibenden Reporter bedient. Dann biege ich ab ins Treppenhaus, das ich über fünf oder sechs Treppenabsätze in den Hotelkeller heruntergehe. Dort ist der Aerobicraum mit Fernseher und Wasserspender als Schutzraum eingerichtet. Die Klimaanlage läuft wie verrückt. Obwohl ich Jeans und geschlossene Schuhe trage, friere ich ordentlich und verstehe das zehnjährige Mädchen, das sich in eins der bereit liegenden Bettlaken gehüllt hat.

Schon nach wenigen Minuten frage ich mich, was ich hier unten eigentlich mache und steige wieder auf in die Hotellobby, gehe auf die Terrasse. Im Süden der Stadt donnert es ganz gewaltig. Norbert Jessen sitzt immer noch tippend, lesend und korrigierend vor dem letzten Absatz des Artikels, wimmelt den drängelnden Anruf der Berliner „Die Welt“-Redaktion mit „Jaja, in zwei oder drei Minuten bin ich fertig!“ ab.

Beim zweiten und dritten Alarm um kurz nach fünf und noch mal 15 Minuten später begebe ich mich schon nur noch zwei Absätze im Treppenschacht nach unten. Das muss reichen, unten ist es zu kalt. Die Kellnerin, die in Freizeitkleidung auf dem Weg in den Feierabend ist, gibt mir recht. Schnell gehe ich wieder auf den Balkon, wo es wieder von Süden her grummelt. Die Neugier treibt mich. Aber der Gedanke, nur weil man vor Ort ist, wüsste man auch sofort, was passiert ist, trügt. „Das könnte auch in Akko gewesen sein“, mutmaßt Jessen und deutet nach Norden auf die alte Küstenstadt, „der Karmel gibt nur das Echo wieder.“ Die Vermutung erweist sich später als zumindest nicht falsch, denn in beiden Städten hatte es Einschläge gegeben.

Wenig später machen wir uns auf immer noch recht leeren Straßen auf den Weg nach Tel Aviv. Es ist billiger, die 90 Kilometer zwischen den beiden Städten zu pendeln, als im teuren Dan-Hotel zu nächtigen. Über das makabere Warten der Reporter, dass etwas (Schlimmes) passiert, sagt Norbert Jessen: „Es könnte ja auch etwas Gutes passieren.“ Was genau etwas Gutes wäre, weiß ich nicht. Für die Menschen in Haifa ist es aber erst mal was wert, dass heute fast nichts passiert ist.

2006/07/18

Pah, Karla Kolumna! - Der rasende Reporter bin ich!

Heute bin ich aus dem schoenen Hostel in Strandnaehe umgezogen nach Ramat-Gan, direkt im Osten von Tel Aviv. Dort bin ich in ein kleines Zimmer bei Micky eingezogen. Fotos und weiteres vielleicht ja spaeter mal.


Nach einem feudalen Mittagessen bin ich heute Nachmittag mit meinem Chef in Richtung Norden aufgebrochen. Dabei haben wir in Haifa auch das heute zerstoerte Haus begutachtet. Selbst Stunden nach dem Treffer waren noch wirklich viele Menschen - so viel zum Thema "Die Bevoelkerung harrt in den Schutzraeumen aus" - an der Ruine, darunter immer noch mehrere Kamerateams.


Das Haus an sich war ganz schoen in Mitleidenschaft gezogen (Bild oben), aber auch die Haeuser drumherum (Bild Mitte) hatten von den kleinen wie Schrapnell eingesetzten, fiesen Kuegelchen (Bild unten) ganz schoen was abbekommen. Das Wohnviertel liegt uebrigens keine 200 Meter vom Krankenhausgelaende Haifas weg.


Eine halbe Stunde, nachdem wir den Rueckweg nach Tel Aviv angetreten hatten, schlugen Raketen in etwa zehn Doerfern (oder mehr) zwischen Haifa und Tiberias ein.

2006/07/16

Noch 'ne Frage...

Wie kann denn "Die Welt" am 16. Juli einen Online-Artikel mit Datum vom 17. erscheinen lassen?

Wo ist der Herr Jauch?

Als ich heute in Jerusalem im Government Press Office war, um mir den Status eines "visiting journalist" zu verschaffen, quirlten die ohnehin schon engen Bueros ueber vor emsigen Mitarbeitern und gestressten Journalisten. In allen Raeumen brabbeln israelische Nachrichtensprecherstimmen aus den Fernseher und informieren ueber jede neueste Entwicklung. Ploetzlich sucht Sharon, die gerade noch meine ausgefuellten Formulare pruefte, hastig nach der Fernbedienung, schaltet dann den Ton lauter.

"Die Hisbollah hat angekuendigt, ueber Raketen zu verfuegen, die bis Tel Aviv und somit auch bis nach Jerusalem reichen koennen", erklaert mir ein hebraeisch sprechender kanadischer Fernsehreporter. Die offizielle Sicherheitslage in Tel Aviv sei erhoeht worden und mit 60 Sekunden Vorwarnzeit sollten Menschen Deckung suchen.

Im Buero sind nach 60 Sekunden wieder ganz andere Sachen wichtig: Sharon kuemmert sich um meine Akkreditierung und ich starre auf den Bildschirm, sehe zerstoerte Staedte und Strassen und verstehe kein Wort.

Auch wenn ich das persoenlich weder in Jerusalem (die recht leere Altstadt habe ich mir durch die Tatsache erklaert, dass ich in der Mittagszeit unterwegs war) noch im Sherut oder in Tel Aviv bemerkt habe, berichten deutsche Medien anders ueber den Konflikt, der in Deutschland laengst Krieg und hier immer noch "the situation" heisst.

Mein Praktikumschef war unterdessen von Freitagabend bis heute Morgen im Norden unterwegs. Seinen Bericht lest ihr hier.

Auch wenn ich die Stimmung nicht allgemein, also im Hostel, in der Stadt, im Land bemerke, spuere ich in mir doch eine gewisse innere Anspannung. Die Maedels von der Hostel-Rezeption wiederholen gebetsmuehlenartig, wir sollten keine Panik schieben und das schoene Wetter geniessen. Ich frage mich aber, ob der alte Ami mit dem spanischen Akzent im Urlaub immer so viel vor dem Fernseher sitzt. Und auch, ob Backpacker immer so viel vor den Internetplaetzen rumhaengen und auf cnn.com, welt.de oder aehnlichen Nachrichtenseiten surfen.

Fragen ueber Fragen, auf die ich - wie immer - erst mal keine Antwort habe. Waere mal bloss Guenther Jauch hier und koennte mir mit einem seiner Joker weiterhelfen.

2006/07/15

Raketen, Eierkuchen und eine Pfauendame

Um den gestern verlorenen Tag aufzuholen, liefere ich heute wohl einfach mal zwei Einträge. Jetzt gibt's auch enlich wieder Äs, Üs, Ös und ß! Toll, nicht?

Ich sitze in Tel Aviv in einem Café auf der Ben Yehuda, wo es zum Bier (Carlsberg) kostenlos W-LAN-Internet gibt. Heute früh der Eintrag entstand am Rechner im Hostel, dessen Tastatur zwar allerlei Alef, Bet, Gimel, Dalet, He usw. bietet, aber eben keine deutschen Umlaute etc.

Oft werde ich in diesen Tagen am Telefon, per E-Mail oder via ICQ gefragt, was wir denn hier von "the situation" mitbekommen. Dazu kann ich freilich nur auf meine letzten Postings verweisen. Gäbe es mehr zu berichten, würde ich es hier niederschreiben.

Nachdem ja der eine oder andere Leser plant, in diesem Sommer noch hierher zu kommen, kann ich auf diesem Wege nur versuchen, etwaige Bedenken zu zerstreuen. Nach der Lagedarstellung in aktuellen Medienberichten verfügt die Hisbollah derzeit wohl nicht über Mittel, mit Raketen bis nach Tel Aviv oder Jerusalem zu schießen. Nach derzeitigem Stand würde demnach nur die touristische Option Norden (alles nördlich der Linie Haifa - See Genesareth) entfallen. In Tel Aviv läuft das Leben weiter wie gehabt, das gleiche vermute ich für Jerusalem (da werde ich mir wohl morgen ein Bild machen können). Nachdem die Sehenswürdigkeiten im oder nahe des Gazastreifens eher rar gesäht sind, ist das Land soweit safe. Jordanien und Ägypten tauchen in keiner einzigen Analyse zur sicherheitspolitischen Situation auf, demnach wird auch am Toten und am Roten Meer Friede, Freude, Eierkuchen sein.

Die Sonne scheint nach wie vor, die Frauen wackeln wie immer durch die Landschaft ("She's like a peacock", sagte mir neulich ein Taxifahrer, als wir beide die gleiche Dame anstarrten) und - ja, Mädels - auch die braun gebrannten Israelis sind schön wie immer.

Nachgereicht!



Nachdem das gestern aus welchem Grunde auch immer nicht geklappt hat, das Bild mit den Blackhawks hochzuladen, reiche ich es jetzt hiermit nach. Aufgenommen vom Balkon meines Hostel-Zimmers. Der treppenfoermige Turm ist der Opera Tower, direkt davor (Strandpromenade) war gestern ein Gokart-Rennen, dessen Sieger ein Ticket zum Formel-1-Rennen in Istanbul gewonnen hat.

Dieser Eintrag markiert auch einen wenig ruhmreichen Punkt dieses Blogs: schon am dritten Tag gelingt es mir nicht mehr, die selbst auferlegte Vorgabe, jeden Tag zu posten, einzuhalten.

Nicht traurig sein!

Gestern habe ich mich mit Micky, dem israelischen Cousin eines Freundes von mir, getroffen. Nach einfachem, aber nicht minder leckerem Shabbat-Abendessen im Familienkreis haben wir den Abend am Strand ausklingen lassen. Die Fuesse im Sand, die Gunships im Blick. Und nebenbei laeuft auf der Grossleinwand Fashion TV - nur Bademoden, gibt`s den bei uns auch im Free-TV? Was ein Abend.


Zum Schluss mag ich mich noch fuer das Fehlen jedweder Umlaute und der scharfen S entschuldigen. Jedes einzelne Wort tut mir in der Seele: "Fuesse" - liest sich das nicht furchtbar?

2006/07/13

Hirsch im Libanon

Als ich heute Vormittag am Kiosk meine Zeitungslektüre besorgen wollte, zuckte ich erschrocken zusammen, als mich vom Titelblatt eines israelischen Revolverblattes die acht getöteten IDF-Soldaten anschauten und mir einer davon bekannt vorkam. Sofort fielen mir Name, Wohnort und die gemeinsamen Erlebnisse von meinem Aufenthalt bei der israelischen Armee in 2004 ein. Sollte etwa...? Vom Zeitungsverkäufer ließ ich mir den betreffenden Namen dann vorlesen - Entwarnung! -, ich hatte mich getäuscht. Nach dem Seufzer blieb mir die traurige Erkenntnis, dass meine Erleichterung den jungen, mir unbekannten Soldaten auch nicht wieder lebendig macht.

Ein bekannter Name lief mir dann in der Haaretz über den Weg. Gal Hirsch, vor zwei Jahren Oberst und Kommandeur der Officer Training School der IDF, kommandiert die im Norden operierende Division. Der drahtige Fallschirmjäger, der seine Maschinenpistole damals auch zum Vortrag nicht ablegte, hatte sich mir durch eine knackige Aussage eingeprägt:

"Ich habe durch meine Unterschrift und meine Befehle schon weit mehr Menschen getötet als mit meinem Zeigefinger. Und das waren schon nicht wenige!"

Vor zwei Jahren war, wenn ich das recht erinnere, Gal Hirsch 36 oder 37. Ein Alter, mit dem man in der Bundeswehr, wenn man Pech oder nix drauf hat, noch Hauptmann und Kompaniechef ist, oder maximal ganz junger Oberstleutnant und Bataillonskommandeur. Gal Hirsch jetzt also mit nicht mal 40 Jahren Divisionskommandeur!

Doch nicht nur die Altersstruktur unterscheidet die israelische Armee von der deutschen, sondern auch die Einsatzrealität. Während deutsche Offiziere ihre Erfahrung auf dem Übungsplatz oder vor dem Computerbildschirm (ich sag nur GÜZ, RÜZ, SIRA und LoNo) erhalten, hat der Begriff Führungserfahrung in der IDF einen ganz anderen Inhalt.

Die Bevölkerung ist unterdessen recht wenig irritiert davon, dass 120 Kilometer nördlich und 80 südlich von Tel Aviv die Kugeln fliegen. Vielleicht ja auch mit Recht. Während Koalition und Kabinett vor einem Monat angesichts innenpolitischer Herausforderungen nicht gerade an einem Strang zu ziehen schienen, haben die beiden Fronten in Nord und Süd die Politiker und offenbar auch die Bevölkerung geeint.

Die vertraut dem Militär und macht weiter wie bisher. Während die Kampfhubschrauber, in der englischsprachigen Berichterstattung als Gunships bezeichnet, Tel Aviv entlang der Küste von Nord nach Süd passieren und eine Stunde später von Süden her zurückkommen, hupen sich die braun gebrannten Wellenreiter - in Flipflops und Badeshorts, Helm aufgesetzt, das Surfboard unter dem Arm - auf ihren Rollern durch die Autoschlangen zum Strand und stürzen sich in die tollen Wellen.

Ob sie beim Wellenritt wohl darüber nachdenken, ob die Gunships nun nördlich Tel Aviv stationiert sind und zum Einsatz nach Gaza fliegen oder den Strand auf dem Weg Richtung Beirut passieren?

Keine Panik - Jens noch nicht in Trouble...

Es ist ja nicht gerade so, dass ich mir für mein Praktikum den politisch ruhigsten Ort der Welt ausgesucht hätte. Aber dass sich gleich am ersten Tag meines Israelaufenthalts eine bedeutende Veränderung der Großwetterlage einstellt, hatte ich dann doch nicht gedacht.

Die Hisbollah-Milizen, Teil der regulären libanesischen Armee, haben heute mit Raketen Dörfer und Stellungen in Nordisrael beschossen und zwei Soldaten einer israelischen Patrouille entführt. Daraufhin hat die IDF (Israel Defense Force) eine luft- und bodengestützte Offensive in libanesisches Territorium gestartet, die - wie bei der abgeschlossenen Gaza-Aktion - die Befreiung der Geiseln zum Ziel hat. Auch jetzt gilt: Israel verhandelt nicht mit Terroristen. Und: Die vermuteten Urheber und Planer sitzen wohl in Syrien.



Als ich mit Daniel aus Amsterdam, der mit mir ein Hostelzimmer teilt, gleich um die Ecke an der Tel Aviver Strandpromenade einen Mittagssnack ordere, herrscht vor den Bildschirmen, die die omnipräsenten Nachrichtenshows mit den jüngsten Entwicklungen zeigten, einige Aufregung und Diskussion. Ob die Szenerie jetzt proportional eher besondere Aufregung oder Routine im Umgang mit solchen News zeigte, vermag ich nicht zu sagen.

Routiniert kommentierte auch der Taxifahrer, der mich am Abend zum TV-Studio brachte, wo ich erstmals meinen Chef für die nächsten Wochen, Norbert Jessen, traf. Dass der Taxi-Pilot mir mit dem von mir dummerweise vorgeschlagenen Festpreis zehn Schekel (immerhin fast zwei Euro) zu viel abknüpfte, merkte ich erst, als der Rückweg mit Abrechnung über Taxameter viel günstiger war. Deswegen hat der erste Fahrer mir auch so freundlich die Hand geschüttelt - verdammt! Na ja, mit eben jenem hatte ich mich aber auch in einem interessanten Sprachmix unterhalten. Gesprächsbeginn auf Hebräisch: Shalom, Fahrziel, Preis. Weiter auf Englisch: diesmal holpert er, mischt mit Französisch. Im Durcheinander der Worte verstehen wir uns gut, als sicherheitspolitischer Experte - wie womöglich alle Taxifahrer hier - erklärt er mir die politische Lage.

Die ist hier... nicht gerade ruhig. Aber eben irgendwie auch so wie immer.

2006/07/12

Fasten your Seatbelts...

Gleich geht's los.

Die Taschen sind gepackt mit allerlei nützlichem Zeug von Sonnencreme über Duden bis hin zum Knoppers für Zwischendurch. Die letzten beiden Tage musste ich irgendwie noch ziemlich reinhauen, als ich gemerkt habe, was das Government Press Office von Foreign Journalists für ihre Presseakkreditierung alles verlangt. Nachdem ich jetzt diverse Formulare ausgedruckt, Faxe versendet, Passfotos angefertigt und das Antragsprozedere (hoffentlich) verstanden habe, sollte aber auch diese Chose in trockenen Tüchern sein.

Montagabend blieb aber noch satt und genug Zeit für eine kleine Einstimmung auf die nächsten acht Wochen. Christian und ich wollten es uns nicht nehmen lassen, der Verleihung des "Jerusalem Awards" der Zionistischen Organisation in Deutschland an den bayerischen Innenminister Beckstein beizuwohnen. Nach ein paar Lobreden, u.a. von Shimon Stein, dem israelischen Botschafter in Berlin, und Frau Knobloch, der neuen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, für den bayerischen Hüter über Recht und Ordnung gab es dann das volle zionistische Programm.

Das sechshändig spielende, beeidruckende Pianotrio dreier neun, elf und 13 Jahre alter Jungs, der virtuose Geiger mit Tingeltangel-Bob-Frisur und auch der Opernsänger waren ja noch Kulturprogramm vom Feinsten. Das von einer zionistischen Jugendgruppe gezeigte Theaterstück aber, das noch einmal in epischer Breite alle Erfolge des Zionismus seit Beginn des 20. Jahrhunderts emotional und in epischer Breite darstellte und dann in einer Spice-Girls-mäßigen Tanzaufführung von fünf 15-jährigen Mädels endete, verlangte den Promis (und uns) noch mal alles ab. Schließlich hatte die Organisation im Sophiensaal - in der bayerischen Oberfinanzdirektion ;-) - extra schwül-heißes Jerusalemklima geschaffen, wie Beckstein scherzte.

Danach gab es original israelischen Weißwein und vor allem Hummus mit Keksen. Christian war übrigens von meiner Theorie, dass der Hummus ganz offenbar mit der Schönheit israelischer Frauen kausal zusammenhängt ganz begeistert.

Die gilt es, in den nächsten Wochen weiter zu erforschen... also die Theorie ;-)

So - gleich es aber nun wirklich los. Zum Flughafen. Schlielich hebt um 6:35 Uhr Flug AZ 435 (mit der Weltmeister-Airline, wie ich bereits deutlich vor dem Finale prophezeite) nach Rom ab. Von da geht's dann planmäßig um 10:10 Uhr nach Tel Aviv weiter.

Fasten your seatbelt, Jens!

2006/07/07

Hallo Leser!

Nachdem dieses Blog (habe gerade ewig überlegt, ob es der oder das Blog heißt - aber die in zwei Wochen neu erscheinende Duden-Auflage erlaubt beides) jetzt schon seit Ende März fast zweieinhalb Monate existiert, möchte ich es an diesem heutigen Tage endlich und feierlich (*tatatataaaaa*) der Öffentlichkeit, d.h. meinen (von mir durch E-Mail-Benachrichtigung ausgewählten) Lesern bekannt machen.

Was ich mit diesem schnörkellosen Web-Logbuch (deswegen ja auch DAS Blog) hauptsächlich bezwecke, ist natürlich ganz einfach.

Während meines achtwöchigen Aufenthalts in Israel will ich euch natürlich so regelmäßig wie möglich auf dem Laufenden halten (Meine Vorstellung derzeit: täglich. Mal abwarten, wie schnell ich das revidiere).

Vorteile?
Ich erspare mir das Kartenschreiben.
Ich verkürze den Erzählmarathon nach meiner Rückkehr.
Ich kann meinen latent vorhandenen Geltungsdrang ausleben und muss mit meinem Geseiere nicht den armen Israelis auf den Hut gehen.

Und falls ich von wild gewordenen Terroristen entführt werde, merkt ihr's daran, dass ich nix mehr schreibe... Außer im Terroristenversteck gibt's nen WLAN-Hotspot.


Aber das ist - um meinen besorgten Lesern ihre Sorgen zu nehmen - meines Erachtens nicht zu befürchten.


Heute habe ich - pünktlich wie immer - eine Unterkunft für die ersten Tage gebucht. Vor Ort will ich mich dann nach einer dauerhaft angenehmeren und günstigeren Koje umsehen. Heute bis Sonntag dann Leute verabschieden, nach München fahren, Sachen packen, Mittwochmorgen losfliegen.

Vielleicht schreibe ich noch vor Abflug über neueste Neuigkeiten. Oder den neuen Fußball-Weltmeister. Mal sehen.